Die Herren und Freiherren von Dalberg waren ein deutsches Uradelsgeschlecht mit Schwerpunkt am Mittelrhein. Sie bildeten einen jüngeren Zweig der Familie der Kämmerer von Worms, der ab 1315 sukzessive das Erbe einer älteren, dann erloschenen Familie von Dalberg auf Burg Dalberg antrat.
Sie stellten im Heiligen Römischen Reich bedeutende Amtsträger, darunter drei Fürstbischöfe, zwei davon Kurfürsten. Bedeutendstes Familienmitglied war der letzte Mainzer Kurfürst und Erzbischof Karl Theodor von Dalberg (1744–1817), der auch noch nach dem Ende des Alten Reiches als Fürstprimas des Rheinbundes und Großherzog von Frankfurt einer der einflussreichsten Politiker und Intellektuellen seiner Zeit war
Im 14. Jahrhundert erwarb Johann III. Kämmerer von Worms, der über seine erste Frau, Juliane, in die Verwandtschaft der Herren von Dalberg eingeheiratet hatte, Anteile an der Herrschaft Dalberg. Doch starb diese erste Dalberger Linie der Kämmerer von Worms 1375 aus. Johann XI. Kämmerer von Worms brachte sich in dieser Zeit in den Besitz der gesamten Burg und Herrschaft und fügte fortan seinem Familiennamen Kämmerer von Worms den Zusatz „zu Dalberg“ bei. Sein Enkel, Wolfgang III., und dessen Nachkommen führten – erstmals 1375 – die Namensform Kämmerer von Worms, genannt von Dalberg, oder kurz von Dalberg. 1390 oder 1400 hatte die Familie den Alleinbesitz an Burg und Herrschaft erlangt. Zu diesem Lehen gehörten die Dörfer Dalberg, das benachbarte Wallhausen, Spabrücken und Sommerloch.
Die zweite Dalberger Linie der Kämmerer spaltete sich im 15. Jahrhundert mit dem kurpfälzischen Hofmarschall Wolfgang III. Kämmerer von Worms, genannt von Dalberg, als jüngere Linie von den übrigen Kämmerern von Worms ab und führte nun den Namen Kämmerer von Worms, genannt von Dalberg. Dies wurde in der Folgezeit im allgemeinen Gebrauch auf ein von Dalberg verkürzt. Wie die Mitglieder der Herkunftsfamilie waren auch die von Dalberg freie Reichsritter.
Um 1560/1565 zog die Familie von der Burg Dalberg auf das im Tal gelegene, neu erbaute Gut Wallhausen um. Die Burg diente aber noch weiter als militärische Anlage. 1750 ließ Hugo Philipp Eckenbert von Dalberg-Wallhausen baufällige Gebäude auf der Burg einreißen und verwendete das Material, um das Schloss Wallhausen auszubauen. Wallhausen und der Dalberg fielen nach dem Aussterben der Familie im Mannesstamm 1940 an deren Erben, die Linie der Prinzen zu Salm-Salm-Dalberg.
Seit dem letzten Drittel des 14. Jahrhunderts finden sich Kämmerer von Worms und dann Dalbergs aus allen Zweigen der Familie als hohe und höchste Funktionsträger in der Kurpfalz und am kurpfälzischen Hof, in nachreformatorischer Zeit – die Kurpfalz wurde zunächst evangelisch – auch schwerpunktmäßig in Kurmainz. Als die Pfalz unter den Pfalz-Neuburgern wieder römisch-katholisch wurde, finden sich in deren Diensten auch wieder Dalberger, unter ihnen herausragend Wolfgang Heribert von Dalberg (1750–1806), Bruder des 1802 gewählten Mainzer Kurfürsten und Erzbischofs Karl Theodor, der vor allem als Intendant des Nationaltheaters in Mannheim und Förderer von Friedrich Schiller bekannt wurde. Im 17. und 18. Jahrhundert dehnte sich das Interessenfeld vom ober- und mittelrheinischen Bereich nach Franken aus, wo Pfründe und Domherrenstellen zu erhalten waren, die der protestantisch gewordene örtliche Adel nicht mehr einnehmen konnte.
Mit viel Engagement nehmen Mitglieder der Familie auch immer wieder Aufgaben in den Kooperationen der Reichsritter wahr, vor allem im Ritterkanton Oberrhein. Vom Ende des 17. Jahrhunderts an gehörten sie ständig zur Burgmannschaft der Burg Friedberg, einer genossenschaftlich organisierten und reichsunmittelbaren Burggrafschaft, die von erblichen adligen Burgmannen der Umgebung regiert wurde. Einige Familienmitglieder waren an den höchsten Reichsgerichten tätig: Philipp Franz Eberhard von Dalberg war von 1671 bis 1693 Präsident des Reichskammergerichts, Eckenbert von Dalberg, Franz Eckenbert II. von Dalberg und Johann Friedrich Eckenbert von Dalberg waren Mitglieder des Reichshofrats.
Mit Großherzog Karl Theodor von Dalberg (1744–1817), Erzbischof und letzter Kurfürst von Mainz, Reichserzkanzler, Fürst- und Erzbischof von Regensburg und Aschaffenburg, Großherzog von Frankfurt und Fürstprimas von Deutschland, und Herzog Emmerich Joseph von Dalberg, neben Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord einer der beiden französischen Verhandlungsführer auf dem Wiener Kongress, stellte die Familie Politiker von deutschem und europäischem Format.
Aus einer mittelalterlichen Tradition, die die Dalberger aus ihrer Herkunft von der Familie der Kämmerer von Worms übernommen hatten, stammt die Verbindung zum Wormser Stift St. Martin. In der frühen Neuzeit wurde dies noch dadurch deutlich, dass zahlreiche Mitglieder der Familie Dalberg in der Kirche St. Martin bestattet wurden. Dazu zählen:
- Friedrich VII. (* um 1485; † 25. Dezember 1520)
- Dieter VII. (Dietrich) (* um 1532; † 30. Mai 1585)
- Margareta Kunigunde († 19. März 1626) Löw von Steinfurth, die zweite Frau von Wolfgang Friedrich I. von Dalberg zu Herrnsheim und Schüttburg, Mitherr von Clerf
- Philipp Balthasar von Dalberg zu Clerf (* 1597; † 10. April 1639)
Seit dem 15. Jahrhundert befand sich die zentrale Familiengrablege der Dalberger in der Pfarrkirche von Herrnsheim, St. Peter. Eine weitere – für den dort lebenden Familienzweig – in der Kirche St. Martin in Sankt Martin (Pfalz). Zuvor wurden zahlreiche Dalberger in der Katharinenkirche in Oppenheim beigesetzt, wo von ihnen noch eine Reihe stattlicher Grabmäler aus der späten Gotik und der frühen Renaissance erhalten sind.
Im Lauf der Zeit erwarb die Familie eine stattliche Zahl von Besitzungen. Dieses „Territorium“ war zwar klein und zersplittert, formal aber eine eigene reichsunmittelbare Herrschaft und erstreckte sich zwischen Koblenz im Norden, Neuweiler im Süden, dem Odenwald im Osten und Landstuhl im Westen dar.
Herrschaft Dalberg
Das Familienvermögen war in einem Fideikommiß gebunden und eines der größten am Mittelrhein. Das Einkommen setzte sich aus hoheitlichen Abgaben, grundherrlichen und lehnrechtlichen Pachten, Renten und Gefällen sowie eigenwirtschaftlichen Betrieben zusammen.
Familien-Mythen
- Ein Vorfahr der Familie sei bei der Kreuzigung Jesu anwesend gewesen und habe dort entblößten Hauptes ehrfürchtig gestanden. Maria habe zu ihm gesagt: „Seien Sie bedeckt, Herr Vetter“.
- Ein Dalberg namens Caius Marcellus sei als Offizier der Legion des Publius Quinctilius Varus nach Worms gekommen, habe dort gefangene Juden angesiedelt, den Rheinübergang gegen Germanen verteidigt und deren Heerführer Arminius gefangen genommen. Zum Dank soll Kaiser Augustus ihm das militärische Kommando über Worms als Erblehen zugesprochen haben.
- Ein „historischer“ Grabstein wurde beschafft, dessen Inschrift eine Abstammung der Familie von altedelfreien Herren von Dalberg beweisen sollte (der Namenszusatz „Kämmerer von Worms“, der auf eine nachgeordnete Stellung schließen lassen konnte, wurde nun doch allzu peinlich).
- Ein Vorfahr der Dalberger soll bereits 969 an einem Turnier in Merseburg teilgenommen haben.
- Der aus Worms stammende Erzbischof Heribert von Köln († 1021) wurde in den Familienstammbaum vereinnahmt, ebenso
- der heilige Erkenbert von Frankenthal, Gründer des Klosters Frankenthal.
Wie dauerhaft diese Mythen wirkten, zeigt sich etwa daran, dass der Heimatforscher Johannes Bollinger diese Vereinnahmungen noch 1989 für bare Münze nimmt und beide an die Spitze der Dalberger Familien-Genealogie stellt. Mit dieser umfangreichen Mythenbildung stehen die Dalberger recht einzigartig da. Sie resultiert aus der Diskrepanz zwischen ihrem relativ niedrigen (Adels)stand und der recht herausgehobenen Rolle, die sie in Südwestdeutschland und im Reich spielten.
Das Stammwappen zeigt unter goldenem, mit drei Spitzen abgeteiltem Schildhaupt in Blau sechs (3,2,1) silberne Lilien. Auf dem Helm mit blau-goldener Decke zwei Schirmbretter in den Farben des Schildes, die mit goldenen Straußenfedern besteckt sind (oder geschlossener Flug in den Farben des Schildes).
Die Dalberger Linie der Kämmerer von Worms kombinierte ihr Wappen (unter einem mit drei Spitzen abgeteilten goldenen Schildhaupt auf blauem Grund 6 silberne Lilien (3:2:1) gestellt) mit dem der ursprünglichen Herren von Dalberg (in gold ein schwarzes Ankerkreuz) und verwendeten fortan ein geviertes Wappen: Felder I und IV: Kämmerer von Worms; II und III: von Dalberg.
Der Mainzer Kurfürst-Erzbischof Karl Theodor kombinierte sein Familienwappen (im Herzschild vor dem Reichsadler als Symbol für seinen reichsfürstlichen Rang) mit dem Mainzer Rad sowie den Wappen als Fürst von Aschaffenburg, Fürst zu Regensburg und Graf zu Wetzlar. Als regierender Großherzog von Frankfurt (von 1810 bis 1813) legte er den Herzschild der Familie Dalberg vor ein geviertes Wappen: 1. Frankfurt; 2. Aschaffenburg; 3. Fulda; 4. Hanau. Sein Neffe und Erbe, Herzog Emmerich Joseph, verwendete wieder das einfache gevierte Kämmerer-Dalberg-Wappen unter dem napoleonischen Sternenhimmel (silberne Sterne auf rotem Grund).
Quellen: O. Hupp, Münchener Kalender 1908. J. Siebmachers Wappenbuch 1701-1705, Faksimile-Nachdruck von 1975, Battenberg Verlag, München. Ingo F. Walther, Codex Manesse, Die Miniaturen der Großen Heidelberger Liederhandschrift, Frankfurt am Main 1988. Nachrichtenportale im Internet: Wikipedia.